Mittwoch, 25. Januar 2012

Hans Jonas

"Der entgültig entfesselte Prometheus, dem die Wissenschaft nie gekannte Kräfte und die Wirtschaft den rastlosen Antrieb gibt, ruft nach einer Ethik, die durch freiwillige Zügel seine Macht davor zurückhält, dem Menschen zum Unheil zu werden.
[...]
Die dem Menschenglück zugedachte Unterwerfung der Natur hat im Übermaß ihres Erfolges, der sich nun auch auf die Natur des Menschen selbst erstreckt, zur größten Herausforderung geführt, die je dem menschlichen Sein aus eigenem Tun erwachsen ist."

-Hans Jonas *10. Mai 1903, †5. Februar 1993

Angesichts der Katastrophen des 20. Jahrhunderts wie der beiden Weltkriege, des Holocausts und des Kalten Krieges sowie des zerstörerischen Potenzials der kapitalistischen Wirtschaft, insbesonders im Hinblick auf Atomkraft, Abholzung der Regenwälder, antiökologische Rohstofförderung, Gentechnik und ihrer unvorhersehbaren, langfristigen Folgen, zweifelte Hans Jonas an Kants kategorischem Imperativ, der unter völlig anderen technischen und gesellschaftlichen Vorraussetzungen formuliert wurde.
Dieser konnte sich weder das Vernichtungspotenzial moderner, nicht nur kriegstechnologischer "Errungenschaften" vorstellen, noch die Möglichkeit in die Natur von Tieren, Pflanzen und Menschen mittels Genmanipulation einzugreifen.
Jonas erkennt die unüberbrückbare Kluft zwischen der technologischen und der geistigen Entwicklung der Menschheit, und somit zwischen den Möglichkeiten, die wir in der Hand haben sowie unserer Fähigkeit die Folgen dieser Handlungen abzuschätzen und damit die Verantwortung zu übernehmen.
Diese Überlegungen haben den Philosophen Hans Jonas dazu veranlasst, Kants kategorischen Imperativ in Frage zu stellen, zu überdenken und neu zu formulieren.
Problematisch wird Kants Ausdruck: "Handle so, dass du auch wollen kannst, dass deine Maxime allgemeines Gesetz werde." unter dem Gesichtspunkt, dass "die Grundüberlegung der Moral nicht selber moralisch, sondern logisch ist: das 'wollen können' oder 'nicht können' drückt logische Selbstverträglichkeit oder -unverträglichkeit, nicht sittliche Approbation oder Revulsion aus."
Der selbstverschuldete "Weltuntergang" ist aber kein Widerspruch in sich, sondern durch o.g. Gründe in den Bereich des Möglichen gerückt, und somit auch das Konzept, dass wir zukünftige Generationen für uns selbst aufopfern.
Mit Jonas: "Das Opfer der Zukunft für die Gegenwart ist logisch nicht angreifbarer als das Opfer der Gegenwart für die Zukunft. Der Unterschied ist nur, dass in einem Fall die Reihe weitergeht, im andern nicht."
Die daraus resultierende ethische Theorie schlägt sich im ökologischen Imperativ nieder:
"Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten Lebens aus Erden." oder, negativ ausgedrückt: "Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung nicht zerstörerisch sind für die künftige Möglichkeit solchen Lebens."

Klar soweit?

-Finnr

PS: Ich würde mich selbst übrigens nicht als technophob bezeichnen. Insbesondere PCs und das Internet finde ich grandios. Dennoch bin mir der o.g. Problematik bewusst, und deshalb der Meinung, dass ethische Denkweise in der Technik allgemein gefördert werden sollte.
Auto zu fahren bleibt auf unserem momentanen Stand unethisch, wenn auch möglicherweise unausweichlich, ganz anders sähe dies bei einem Auto aus, welches darauf konzipiert ist, eine nachhaltige und gleichzeitig individuelle Fortbewegungsmöglichkeit zu bieten. Beziehe ich den Strom für meinen PC aus regenerativen Energien und achte beim Kauf/Zusammenstellen auch noch auf das Herkunftsland, kann ich, um es überspitzt auszudrücken, meine "ethische Bilanz" signifikant verbessern.
Mit einer Weiterentwicklung der Technik in die richtige Richtung, können wir in den Bereich der vom ökologischen Imperativ eingeschlossen wird, zurückkehren.
Mit einer Macht wie sie uns durch biologische oder nanotechnische Waffen zur Verfügung gestellt wird (leider ist es Fakt, dass die meisten neuen Technologien militärisch genutzt werden) können wir nicht umgehen.
Sonst hätten wir sie gar nicht erfunden.
Oder, um mit Einstein zu sprechen:
"Keine Maus der Welt würde eine Mausefalle bauen, aber der Mensch erfand die Atombombe."

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